Inhalt oder Verpackung – worauf kommt es wirklich an? Die häufigsten Vorurteile.

Hartnäckig halten sich überholte Vorstellungen über „gutes und schönes Sprechen“. Die Sprechwirkungsforschung belegt mittlerweile die Bedeutung der Stimme. Sie ist ein kommunikativer Schlüsselreiz, öffnet oder schließt das Ohr der Zuhörer in wenigen Sekunden: Eine leise Piepsstimme lässt ein Businesskostüm blass aussehen, ein monotoner Vortrag einen Geschäftsanzug schwach wirken, verschluckte Silben sabotieren aktuellste Powerpointfolien, nicht adressierte Botschaften kommen weder analog noch digital an. Ich widerlege gerne und oft die am häufigsten genannten Vorurteile:

1. Rhetorik reicht, Inhalt zählt. Hauptsache, ich weiß, was ich sagen will.

Inhalt kann sich nicht selbst transportieren. Jedes Wort braucht den Klang, um rüberzukommen. In liebloser Verpackung hat der Inhalt wenig Chance, aufgenommen zu werden:

  • Rotwein im Zahnputzbecher? Lenkt punktgenau alle Aufmerksamkeit auf den Zahnputzbecher!
  • Brummstimme, Dauerräuspern, angespannte Stimmgebung: Das irritiert die Zuhörer, langweilt, ermüdet, löst Ablehnung aus und lenkt zielsicher vom Inhalt ab.
  • Rotwein im Kristallglas? Führt ganz schnell direkt zum Gehalt des Gesagten und ist entscheidend für effiziente Inhaltsübermittlung.
2. ... das ist doch das mit dem Korken ...

Sie tragen Omas Kräuseldauerwelle am Kopf und spielen Musikkassetten ab? Vergessen Sie es.

Modernes Stimmtraining holt mit knackigen Übungen in 15 Minuten ein Maximum an Resonanz aus Ihnen. Viele alltagstaugliche kleine Trainingsmaßnahmen festigen und kräftigen Ihre Stimme! Der Korken geht grade mal als Retro-Übung durch.

3. Ich rede täglich, was soll ich da noch Sprechen lernen? Reden kann doch jeder.

Denken Sie mal kurz Ihren Gehaltszettel. Wenn Sie Ihre Stimme nicht einsetzen könnten, hätten Sie dann denselben? In derselben Höhe, für dieselbe Leistung?

Ihre Stimme und Ihre Sprechweise sind unmittelbar mit Ihrer Erwerbsfähigkeit verbunden. Sie sind ein Voice Worker. Sie tun gut daran, diese Fähigkeit zu pflegen, zu schützen, zu üben. Ihren eigenen Ausdruck so zu schulen, dass Ihre Botschaften schnell, sicher, eindeutig und erfolgreich „rüberkommen“.

4. Die Stimme ist doch angeboren? Was soll man da schon tun?

„Mir ist egal, wie ich aussehe, ich seh’s ja selber nicht?“ Sie halten jemanden mit dieser Auffassung für ziemlich naiv.

Genauso agieren Sie, wenn Ihnen Ihre Sprechweise nicht wichtig ist. Obwohl wir uns selber nicht so sehen, wie uns andere sehen, stylen wir unser Äußeres zumeist so, dass es gut zu unserem beruflichen und privaten Leben passt. Wir holen ein Optimum aus uns heraus und behaupten, besser aussehen verstärkt das Selbstbewusstsein.

Was glauben Sie, wie Sie Ihre Wirkung und Ihren Erfolg steigern, wenn Sie auch Ihre Stimme „aufmöbeln“? Verzichten Sie auf Stimm-Styling, aber beklagen Sie sich nicht, wenn Sie nicht so gut ankommen, wie Sie könnten.

5. Es gibt Wichtigeres als die Stimme.

Sie haben vermutlich einmal eine negative Rückmeldung zu Ihrer Sprechweise bekommen (Du klingst so aggressiv, Du kannst nicht singen, Du näselst, mach den Mund auf beim Sprechen). So eine Beleidigung sitzt tief. Seither stellen Sie sich Ihrer akustischen Wirklichkeit nicht mehr. Sie haben Angst davor, die eigene Stimme wirklich mal zu hören. Schade, dann bleibt Ihr Potential leider ungenützt.

Geben Sie sich einen Ruck – das lässt sich ändern.

6. Ich bin auch ohne Stimmtraining erfolgreich.

Tja, dann gehören Sie entweder der schreibenden Zunft an oder Sie haben keine Vorstellung davon, was Resonanz wirklich bedeutet: Anklang und Gleichklang zu erreichen durch eine dynamische Sprechweise, die viele Töne und Sprechweisen aufweist.

Beispiel TEMPO: Ein langsam sprechender Mensch wird genau bei jenen ankommen, die gerne langsam hören. Den anderen kann er schnell auf die Nerven gehen. Will er alle erreichen, muss er tunlichst oft das Sprechtempo wechseln, sogar innerhalb eines Satzes. Mit Tempodynamik erreicht man wesentlich mehr ZuhörerInnen.

7. Ich hab doch keinen S-Fehler.

Logopädie kümmert sich um Menschen, deren Stimme schon wirkliche Störungen aufweist. Schreiknötchen, Dauerheiserkeit, Räusperzwang uvm. Stimmt.

Stimmliche Fitness ist gesund für alle. Deswegen gehören Sie zu einem Stimm-Trainer.

Keineswegs heißt Stimme haben auch schon, dass sie effizient und ökonomisch eingesetzt wird. Wer seine Stimme richtig einsetzt, atmet z.B. tiefer, versorgt viele Muskeln des Körpers mit Wohlfühlspannung, ist wacher und konzentrierter.